Die NPD will morgen im Südosten meines Bezirks demonstrieren.
Es geht, wenn ich das richtig verstanden habe, um ein „nationales Jugendzentrum“ (was auch immer das ist), und das Ganze wird schon zum fünften Mal in Folge veranstaltet. Als Neuzugezogener begreife ich nicht ganz den Sinn der Aktion – die angekündigten Gegendemonstrationen vermelden schon im Voraus die zehnfache Teilnehmerzahl, Neukölln hat ohnehin einen Ausländeranteil von 20%. Ergo geht’s nicht um das Jugendzentrum. Was wollen die Rechten dann?
Es geht um Medienpräsenz. Sonst nichts.
So stelle ich mir das vor. Sie können sich nämlich darauf verlassen, dass die Ankündigung einer Demonstration in Neukölln ein ansehnliches Medienecho hervorruft, nicht nur in Berlin, sondern auch darüber hinaus. Außerdem wissen sie, dass die Gegendemonstrationen, Empörungsbekundungen usw. mindestens ebensoviel Staub aufwirbeln werden. Und plötzlich ist, trotz der Absurdität der ganzen Veranstaltung, das Kürzel NPD wieder in den Zeitungen. Und leider kann man, wenigstens solange die Partei nicht verboten ist, auch kaum etwas dagegen unternehmen – sie haben das Recht zu demonstrieren, wenn auch der Vorwand reichlich fadenscheinig ist. Und wir, die Gegenseite, sind ja regelrecht verpflichtet, zu protestieren – darauf können sie sich verlassen. Eine idiotische Situation.
Demonstrieren könnten sie auch ohne Partei zu sein – Anmelder ist meines Wissens auch gar nicht die NPD oder war es zumindest in der Vergangenheit nicht. Gerade im Süden Neukölln existieren leider auch kameradschaftlich organisierte rechtsextreme Strukturen.
Mit dem Dilemma hast Du trotdem recht: viel Aufmerksam wird ihnen erst durch die Gegenmobilisierung zuteil. Nur ignorieren geht eben auch nicht. Da nehme ich doch lieber in Kauf, dass es die NPD dadurch in die Presse schafft, als dass ich sie ungehindert durch meinen Bezirk marschieren lasse.