Das Konzert der Band Fettes Brot in der Roten Flora begann schon am Freitag, vielversprechend interessant zu werden: Kurz nach der Veröffentlichung unseres letzten Artikels („3 ist keiner Zuviel! Fettes Brot rocken die Schanze“) erteilte Klausmartin Kretschmer dem Hip-Hop Trio Hausverbot für die Rote Flora, weil die Band ihm keine 5.000 Euro Nutzungsgebühr zahlen wollte – dieses Konzert ist übrigens das erste in der Roten Flora, für das er eine solche „Nutzungsgebühr“ verlangt. Ein Schelm, wer hier Zusammenhänge mit den aktuellen Bauanträgen des Eigentümers vermutet, die die Flora als sechsgeschossiges „Kulturzentrum mit Konzerthalle“ vorsieht. Nachdem weder die Nutzungsgebühr einging, noch Fettes Brot das Konzert absagte, erstattete er am Sonntag Anzeige wegen schweren Landfriedensbruchs und schweren Hausfriedensbruchs gegen die Musiker.
Polizei reagiert deeskalierend
Die Polizei sollte das Konzert verhindern und Musiker und Konzertgäste am Eintreten hindern. Diese lehnte seine Anfrage allerdings mit der Begründung ab, dass es sich um eine zivilrechtliche Auseinandersetzung handeln würde – also wären auch Zivilgerichte zuständig. Der Polizei kann hier eindeutig für ihr deeskalierendes Handeln gedankt werden.
Liveübertragung aufs Schulterblatt
Trotz Hausverbot und Anzeige fand das Konzert statt. Weder die Band noch die Fans ließen sich von zahlreichen (Negativ-)Schlagzeilen beirren, und so feierten rund 1.200 Leute in und außerhalb der Flora das neue Album der Jungs. Die Schlange der Anstehenden zog sich das gesamte Gebäude entlang, und nach über einer Stunde Wartezeit legten Fettes Brot dann endlich los – auf der Bühne und einer großen, außen aufgebauten Leinwand, die am Haus III&70 angebracht war. Nicht nur die Flora war voll, auch auf dem Schulterblatt gab es kein Durchkommen durch die große Menschenmenge mehr – zumindest nicht für Gefährte mit mehr als drei Rädern. Die Stimmung war extrem ausgelassen; es war kaum möglich, sich der guten Laune zu entziehen.
Spontandemo & einzelne Randalierer nach dem Auftritt
Nach dem Auftritt des Hip-Hop-Trios zogen mehrere hundert Menschen in einer Spontandemonstration Richtung Stresemannstraße los. Vereinzelt wurden Mülltonnen umgeworfen, laut Medienberichten wurde eine Person festgenommen.
Das Konzert wurde für Gäste, die kein Ticket mehr ergattern konnten, auf eine Leinwand am Haus III&70 übertragen Es kamen etwa 1.200 Leute: 600 passten in die Flora und 600 feierten auf dem Schulterblatt mit
Bilder: Na Dine
Kommentar zum Fettes Brot Konzert in der Roten Flora: Alles nur PR?
Das Konzert und die Vorgeschichte bleiben aber nicht kommentarlos: Einige Hamburger kritisieren, die Flora-Aktivisten und Fettes Brot würden die Situation lediglich zu „PR-Zwecken“ missbrauchen. Die Aktivisten für den aktuellen Rummel um die Flora, die Band für ihr neues Album. Die Aktivisten der Roten Flora würden sich sogar schuldig machen, weil sie einer kommerziellen Band wie Fettes Brot eine Plattform böten. Vielleicht liegt es aber genau Sinn und Zweck eines „Kulturzentrums“, anderen Leuten Plattformen zu bieten.
Jede Band, die irgendwo irgendwann auftritt, macht im selben Zug Eigenwerbung. Und eine bekannte Band kann sowieso kaum etwas tun, ohne dass es gleichzeitig als Werbung wahrgenommen wird. Wenn die Band das Konzert aus diesem Grund veranstaltet hätte, könnte man es als missglückte PR-Aktion betrachten: Dass Kretschmer das Konzert verhindern wollte und die Veranstaltung so in alle Schlagzeilen rückte, konnten die Jungs vorher gar nicht wissen. Dass das Konzert in der Roten Flora stattfand, ist auch keine profitable Entscheidung, denn der Platz im Gebäude ist begrenzt und somit wenig gewinnbringend.
Auch die kostenlose Liveübertragung nach draußen ist wirtschaftlich bedenklich. Und sogar der Zeitpunkt war für eine PR-Aktion schlecht gewählt: Sonntagabends um 21 Uhr bei stürmisch-kaltem Herbstwetter hat schließlich nicht jeder Zeit und Lust, sich noch einmal aus dem warmen Bett zu quälen. Vielleicht sollten die Brote das nächste Mal den Flora-Eigentümer Kretschmer fragen, ob sie sich seinen Finanzberater Baer ausleihen können – die Musik mag er ja angeblich sowieso. Dann klingelts endlich in den Kassen!