Die Berliner sind anders. Die Bayern auch und die Westfalen sowieso. Und das ist auch gut so?
Über regionale Eigenarten, Besonderheiten, Liebenswürdigkeiten oder Bosheiten wird bereits, ich möchte sogar sagen zu Recht, ausführlich philosophiert. Der gemeine Bundesbürger ist eine Phrase. Was der eine Schrippe nennt, nennt der andere Semmel und wieder ein anderer Wecke.
Doch scheint dies nur eine Oberflächlichkeit zu sein. Oder gar große Politik? Es geht nicht nur um die Wahl der Wörter, bekanntlich macht ja der Ton die Musik.
Nach 20 Jahren in der ostwestfälischen Provinz, drei Jahren im niederbayrischen Hinterland und nun in Berlin angekommen, kann ich durchaus von mir behaupten, zwei Ohren (und gegebenfalls auch zwei Augen) für die sich teils aufdrängenden, teils feinen Unterschiede zu haben.
Auf Bayrisch können Unannehmlichkeiten mit derben Worten geklärt werden, ohne das es unfreundlich wirkt. Dem gemeinen Berliner ist die Wirkung seiner Worte soweit egal. Hauptsache ist, der gefasste Gedanke findet ein Sprachrohr. Direktheit vor Zurückhaltung, unverblümt vorneweg geprescht.
Diese Eigenart wird als Unfreundlichkeit nur missgedeutet. Denn was nutzt einem die gesäuselste Liebenswürdigkeit, wenn sich dahinter nur ein Schelm versteckt? Was nutzt einem der Honig ums Maul, wenn der Schmierer nur Böses im Sinn hat? Während in Westfalen der freundlichen Unehrlichkeit Vorzug geben wird, ist die unfreundliche Ehrlichkeit hier in Berlin eine regelrechte Wohltat! Man weiß, woran man ist. Und kommt man zurück in eine alte Heimat, durchschaut man die seichte Unterhaltung und sehnt sich zurück zur Berliner Schnautze.