Kisten für die Würde: Die „Pfand-gehört-daneben“ Bewegung

      Kommentare deaktiviert für Kisten für die Würde: Die „Pfand-gehört-daneben“ Bewegung


Seit einigen Monaten sehe ich immer häufiger „Pfand gehört daneben“  Sticker auf den Mülleimern kleben, und das nicht nur in der Schanze. Coole Sache eigentlich, dachte ich mir, und begann ein bisschen zu recherchieren. Langsam ging mir dann auf, dass hinter diesen Aufklebern mehr steckt – „Pfand-Gehört-Daneben“ ist nur eine von mehreren aufstrebenden Initiativen, die nicht nur mit den Spookies für die Menschenwürde kämpft.

Das harte Los der Sammler

Wie soll man einen Menschen anders betrachten als mit Abscheu oder Mitleid, wenn er abgeranzt und stinkend im Mülleimer wühlt? Wie muss der Mensch sich fühlen, der auf Flaschenpfand angewiesen ist und unter den angeekelten Blicken der Nebenstehenden den Müll durchwühlen muss? Für den Pfandsammler heißt es nun: entweder drüberstehen – oder Betteln gehen. Dabei bedenkt man oft nicht, dass gerade ältere Leute, Rentner und auch Nicht-Obdachlose häufig auf das kleine Extraeinkommen durch den Pfand angewiesen sind. Sie scheuen sich, andere um Geld zu bitten, und wählen deshalb den nachvollziehbaren Weg des Sammelns. Man kann den Pfandsammler mit dem Börsianer vergleichen: Das einsammeln, was andere wegschmeißen wollen, dafür notfalls auch mal tief in Dreck greifen und am Schluss die Rendite einfahren. Das Risiko, keinen Gewinn zu erzielen, bleibt dabei natürlich ständig bestehen, und ist beim Pfandsammler – obwohl er mit einem realem Produkt (der Flasche) arbeitet – wesentlich größer als beim Börsianer, der mit imaginären Finanzprodukten hantiert (bitte verzeiht mir diesen recht subjektiven Vergleich).

Der Kampf für konstruktiven Umgang mit Leergut

Nun also mal zum Punkt gekommen: Die Initiative möchte das Bewusstsein der Menschen wecken und klar machen, dass eine leere Flasche zwar für viele keinen Wert hat, für andere aber doch – und, dass der Griff in den Mülleimer einfach immer würdelos und gefährlich ist. Mit Plakaten, Aufklebern, Flyern und sogenannten „Pfandkisten“ werden die Passanten aufgefordert, ihre leeren Flaschen statt in die Mülleimer daneben zu stellen.

Und die Berliner Jungs, die die „Pfand-gehört-daneben“ Maßnahmen entwickelt haben, sind lange nicht die einzigen mit guten Ideen. Viele Initiativen und Projekte kämpfen mittlerweile um den konstruktiven Umgang mit Leergut: Neben Aktionsstickern, Plakaten und Pfandkisten für Laternenmasten wurden an verschiedenste Mülleimerformen anpassbare „Pfandringe“ entwickelt, und auch eine Onlineplattform, auf der Bürger aus allen Städten und Stadtteilen ihre angesammelten Pfandflaschen von Sammlern abholen lassen können (pfandgeben.de), bietet Pfandgebern wie -sammlern einen gelungenen Austauschort. Die Sticker und Plakate sind ausgenommen der Versandkosten komplett kostenlos.

Einfach mal den Gutmenschen raushängen lassen!

Ich persönlich halte das für eine sehr soziale, gelungene Aktion. Es macht für mich keinen Unterschied, ob ich meine leere Flasche nun IN oder NEBEN den Mülleimer werfe, und mit dem guten Gedanken, dass für meine Flasche keiner im stinkenden Abfall wühlen muss, trinkt sich die nächste Flasche auch gleich viel entspannter. Und wenn wir schon den Gutmenschen raushängen lassen: Auch die Umwelt freut sich, wenn das Leergut, statt im Sammelmüll zu landen, ordnungsgemäß recycelt wird.

 

 

Fotos: Na Dine