Berlin ist ein Magnet und zieht viele Menschen an. Ein gewisser Prozentsatz scheitert jedoch und wird eventuell sogar dauerhaft wohnungslos. Auch viele Berliner sind nicht mehr in der Lage, ihre Miete aufzubringen und landen auf der Straße.
Es wird oft behauptet, dass Nichtsesshafte unstet sind, sich nicht festlegen wollen. Dies ist völlig falsch, denn gerade „Nichtsesshafte“, also Menschen ohne Wohnsitz, leben einen klaren Rhythmus und haben ihre feste „Platte“ und sogar einen überaus geregelten Tagesablauf. In Berlin lebt ein beträchtlicher Teil von Menschen ohne Dach über dem Kopf, und sie haben sich mit verschiedenen Überlebensstrategien in ihrem Alltag eingerichtet.
Obdachlose als Einheimische
Fast jede Hauptstraße, ob es die Wilmersdorfer Straße oder die Schloßstraße in Steglitz ist, hat eine Reihe von Obdachlosen, die jeder dort kennt. Sie halten sich durch Betteln über Wasser, auch durch die Gespräche, die sich durch den Verkauf der „Motz“, des Obdachlosenmagazins, ergeben. Dies ist ein Leben, das oft durch wenig Abwechslung gekennzeichnet ist. Man macht irgendwo (in einem Abbruchhaus oder unter Brücken) Platte, man nimmt seinen Platz zum Betteln ein und verdient ein bisschen Geld.
Kunst für’s Geld
Ein bestimmter Teil der Obdachlosen bietet auch etwas an, manch einer singt oder trommelt, was auch zu einer gewissen Anerkennung der Bevölkerung führt. „Der tut wenigstens was für sein Geld“, so die Meinung der Passanten, die auch eher stehen bleiben, als wenn jemand nur am Boden sitzt und ein Schild vor sich hält. Man kann nicht sagen, dass die Berliner allgemein hart oder herzlos seien, das sind sie sicher nicht. Aber das Übermaß an Elend führt eben doch manchmal dazu, dass man nicht mehr so genau hinsieht, wenn einer am Boden sitzt.
Die Versorgung mit Lebensmitteln funktioniert relativ gut. So erhalten Obdachlose bei „Laib und Seele“ oder in den kirchlichen Suppenküchen ihre Mahlzeiten. Einen Schlafplatz erhält theoretisch jeder, nur mögen Obdachlose diese Heime oft nicht und schlafen lieber draußen.