Es brodelt in der Schanze. Beziehungsweise in ganz Hamburg. Bald vielleicht deutschlandweit. Der Grund: Die Rote Flora – Eigentümer Klausmartin Kretschmer reichte vor einigen Tagen eine Bauanfrage beim Bezirksamt Altona ein. Obwohl (oder gerade weil?) vor einigen Wochen der Bebauungsplan „Sternschanze 7“ öffentlich gemacht wurde, der den rasanten Gentrifizierungsprozess des Viertels eindämmen bzw. stoppen sollte. Obwohl dieser noch nicht offiziell in Kraft getreten ist, wollte sich das Bezirksamt schon jetzt danach orientieren und die Verordnung so schnell wie möglich Inkrafttreten lassen (wir berichteten darüber bereits im Artikel Schutz fürs Schanzenviertel – wohl erst nach dem Standortwechsel von „La Sepia“).
Die Definition eines „Kulturzentrums“ kann vielfältig ausfallen
Im letzten Moment fechten Kretschmer und Gert Baer, sein Immobilienberater, diesen Bebauungsplan nun an, denn er würde eine veränderte Nutzung des Flora-Gebäudes unmöglich machen. Der Investor hingegen plant mit der Flora sein ganz eigenes Kulturprojekt: aus ihr soll ein sechsstöckiges Kulturzentrum mit Konzertsaal für bis zu 2 500 Besucher werden. Nun stehen sich Eigentümer Kretschmer, Immobilienprofi und Jurist Baer und mysteriöse unbekannte amerikanische Geldgeber auf der einen, Flora-Aktivisten, Besetzer und Politik auf der anderen Seite gegenüber. Und beide Seiten haben starke und wortgewandte Sympathisanten – online, offline und medial.
Das Recht auf Eigentum
Betrachtet man die Situation rein objektiv, hat Klausmartin Kretschmer das Recht klar auf seiner Seite. Und zudem einen international agierenden Juristen und Immobilienprofi. Sollte das Bezirksamt die von ihm eingereichte Bauanfrage nicht genehmigen, wie sie es bereits ankündigte, wird der Streit auf der nächsthöheren Jurisdiktion ausgetragen, die kommunale Gesetze beinahe problemlos brechen kann. Kretschmers Chance liegt in der Fachkenntnis seiner Unterstützung und Sympathisanten – wenn Politik und Bezirksamt seine Anfrage nicht genehmigen, wird der Bebauungsplan Sternschanze 7 durch qualifizierte Anwälte auf Herz und Nieren geprüft. Ob dieser wirklich wasserdicht ist, zweifeln sogar einige Parlamentarier der Bürgerschaft an. Und Kretschmer ließ verlauten, notfalls auch bis zum Europäischen Gerichtshof vorzuschreiten.
Kretschmer äußert sich
Die Hamburger Morgenpost veröffentlichte Auszüge aus einer Pressemitteilung von Klausmartin Kretschmer, der seinen Standpunkt deutlich macht. Er würde den Besetzern sogar ein langfristig legales Zuhause bieten, wenn sie „ihr politisches Ziel der alternativlosen Abschaffung der Demokratie, der Verfassung und des Staates aufgeben und auch ihre Vorstellung, ihre Ziele zur Not auch mit Gewalt gegen Sachen und Personen durchzusetzen.“
Fotos: Na Dine