Ja, da kuckst du! Bis zum 4. Oktober können sich alle St. Paulianer an einem Foto-Wettbewerb beteiligen, bei dem es um die ganz persönliche Sicht auf unser Stadtviertel geht. In erster Linie sind natürlich alle Nachbarn und Anwohner aufgerufen, zu fotografieren, was ihnen wichtig ist. Doch ihr müsst nicht zwingend auf St. Pauli wohnen, um mitzumachen. Jeder liebevolle, kritische oder wehmütige Blick auf unser Zuhause ist willkommen und darf mitmachen. Macht euch selbst ein Bild unserer Heimat und überlasst es nicht Fremden, Touristen, Investoren und Boulevard-Sendungen. Haltet fest was euch wichtig ist, was ihr tagtäglich erlebt und was ihr unbedingt erhalten wollt – authentischer geht es nicht!
Bei mir auf St. Pauli leben rund 22.000 Menschen. Laut dem Statistischen Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein waren es im Jahr 2012 genau 21.704 Personen, die in 14.756 Haushalten mit durchschnittlich 1,5 Personen leben. All diese Menschen müssen essen. Sich versorgen. Einkaufen. Das mag für die meisten nicht überraschend sein. Für die Verantwortlichen der Stadtteilplanung – also den so genannten Experten, deren Job es ist zu überlegen wie sich ein Viertel entwickelt – anscheinend schon. Abgesehen von der leidigen Wohnungsnot und dem dringenden Bedarf an bezahlbarem Wohnraum, bleibt auch die Frage, wo man sich als Anwohner mit den täglichen Nahrungsmitteln eindecken kann. Klar kann man argumentieren, dass man, wenn immer weniger Menschen es sich leisten können hier zu leben, auch keine Supermärkte braucht. Das beantwortet jedoch nicht die Frage, warum sich hier so wenige, qualitativ gute Supermärkte niederlassen.
Es gibt da dieses Sprichwort: „Es wird nie so viel gelogen wie vor einer Wahl, während eines Krieges und nach einer Jagd.“ Traurigerweise ist da viel Wahres dran. So gehörte es auch beispielsweise vor zwei Jahren zum großen Wahlversprechen der Hamburger SPD, dass man sich – neben vielem anderen – um den Ausbau des Hafens kümmern werde. Mit anderen Worten, man wollte ihm ausreichend Mittel zur Verfügung stellen, damit er sich für die Zukunft fit machen könne. Die Zukunft bedeutet in so einem Fall immer Wachstum. Nicht nur größer und weiter, sondern auch schneller muss es im Hafen gehen, wenn er konkurrenzfähig bleiben will. Die hochgesteckten Pläne lauteten daher: den Burchardkai und den Containerterminal Eurogate erweitern sowie den mittleren Freihafen ausbauen.
Ich liebe Blumen – und ich bin der Meinung, Blumen sind nicht nur zum Verschenken da, sondern um sich selbst daran zu erfreuen. Daher leiste ich mir allwöchentlich den Luxus und kaufe mir welche. Manchmal mehr, manchmal weniger. Immer hübsch, immer frisch und immer wieder anders. Je nachdem was gerade Saison und der Blumenladen meines Vertrauens im Sortiment hat. „Saintpaulia“ heißt er und liegt direkt an der Ecke Paul-Roosen-Straße/Bleicherstraße. Zugegeben, es ist das einzige richtige Blumengeschäft im weiteren Umkreis und es trägt zu Recht die Bezeichnung „Blumenbinderei“ auf seinem Schild. Die überaus freundlichen Damen kennen sich aus mit Pflanzen.
Es ist immer schade, wenn ein hübscher, mit Liebe geführter kleiner Laden seine Türen schließen muss. So geschehen in der Detlev-Bremer-Straße 46, als vor Monaten „Die Blume von St. Pauli“ zugemacht hat. Schließt so ein Geschäft nämlich auf St. Pauli, ist es doppelt traurig, da man wieder einmal gewahr wird, dass hier anscheinend nur Trinkhallen und Kettenläden überleben können. Als Anwohner fürchtet man sofort den Einzug der nächsten Back-Company oder eines weiteren Bierkiosks – leider oft zurecht. Umso erfreulicher, dass in den Räumlichkeiten des ehemaligen Blumengeschäfts nun eine Eisdiele ihre Heimat gefunden hat. „Luicella’s Ice Cream“ stellt köstliche Sorten in Handarbeit her, was man oben im hinteren Teil des Ladens beobachten kann.
Gott sei Dank gibt es sie noch, die ein oder andere Bar und Kneipe, die weder der Touri-Pöbel noch der Ausgeh-Abschaum für sich entdeckt hat. Es würde ihm dort auch nicht gefallen – wie etwa im Nachthafen. Zu wenig Alarm, denn hier pflegt man noch die Kunst der gegenseitigen Unterhaltung und des gemeinsamen Gesprächs. Ein Laden ohne Schnick-Schick, wo man gerne schnackt. Zu speziell auch die Musik, da hier weder Songs zum Mitgröhlen noch Schunkeln gespielt werden. Allenfalls zum lässig Herumstehen – obwohl man hier meist lieber sitzt. In gemütlichen Sitzecken, auf deren Polstern einst willige Damen und noch willigere Freier miteinander Bekanntschaft machten.