Nicht erst seit dem Vorfall in Fukushima im März 2011 gibt es hitzige Diskussionen um das Thema Energiewende, Nuklearkraft und Co. Unter anderem stehen die steigenden Strom- und Erdgaspreise der Energiekonzerne in der Kritik, aber auch deren Uneinsichtigkeit im Bezug auf erneuerbare Energien. Die Initiative „Unser Hamburg – Unser Netz“ macht sich jetzt für ein Energienetz in öffentlicher Hand stark.
Entprivatisierung als großes Ziel
Eines der wichtigsten Ziele der Initiative: Den großen Energiekonzernen Vattenfall und E.ON sollen die Konzessionen für den Netzbetrieb in Hamburg entzogen und in die Hände eines öffentlichen Unternehmens übereignet werden. Als Begründung führen die Initiatoren an, dass Vattenfall und E.ON ausschließlich auf ihre Monopolstellung auf dem Energiemarkt und ihren eigenen Profit aus sind und sich nicht für das Wohl der Bürger interessieren. Durch die Übereignung der Energienetze an öffentliche Unternehmen, welche demokratisch kontrolliert werden sollen, würde der Profit-Druck wegfallen, da solche Unternehmen dem Gemeinwohl der Stadt Hamburg verpflichtet seien.
Infolgedessen würden die Energiepreise nicht explodieren, sondern fair und transparent bleiben. Weiterhin erklären Anhänger der Initiative, dass die Energienetze modernisiert und erneuert werden müssten, ehe man auf erneuerbare Energien umschwenken könne. Aber solche Umbauten sind teuer und weder Vattenfall noch E.ON sind bereit dazu, die Modernisierungsarbeiten aus eigener Tasche zu finanzieren. Zudem würden die momentanen Netzbetreiber viel Geld verdienen, welche sie an ihre Aktionäre ausschütten. Würde das Energienetz unter der Verwaltung der Stadt Hamburg sein, könnten diese Gewinne direkt der Stadt selbst zugutekommen.
Initiative stößt auf große Zustimmung
Die Aktion „Unser Hamburg – Unser Netz“ ist bereits seit dem Juni 2011 aktiv und sammelte innerhalb von drei Wochen über 60.000 Unterschriften. Im Juli 2011 gab das Landeswahlamt bekannt, dass die erforderliche Menge an Unterschriften erbracht worden sei, um ein Volksbegehen zu veranlassen. Deshalb kann im Frühjahr 2012 oder zur nächsten Bundestagswahl 2013 ein Volksentscheid durchgeführt werden, ob man Vattenfall und E.ON die Konzessionen entziehen soll.
Unterstützt wird die Aktion auch von vielen prominenten Gesichtern. So warben bereits Musiker wie Jan Delay, die Band Rantanplan und der Schauspieler Rocko Schamoni dafür, die Initiative durch eine Unterschrift zu unterstützen. Es bleibt zu hoffen, dass die Initiative zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht wird.
Vorsicht Missverständnisse!
Sehr geehrter Stefan K.,
mit Interesse habe ich Ihren Beitrag gelesen. Ich fürchte nur leider, es haben sich darin ein paar Missverständnisse eingeschlichen:
„hitzige Diskussionen um das Thema Energiewende, Nuklearkraft und Co.“
Das Ziel der Initiative „Unser Hamburg – Unser Netz“ ist der 100prozentige Rückkauf der Energienetze – nicht der Kauf von Kraftwerken oder Erdgasvorkommen. Der Betrieb der Strom- und Gasnetze bietet dem jeweiligen Betreiber – ganz gleich ob kommunal oder privat – keinerlei Einfluss auf die Herkunft der Energie, die darin transportiert wird. Über diese Energie entscheidet der Verbraucher: Er kann in Hamburg zwischen hunderten Gas- und Stromangeboten wählen. Darunter ist Atomstrom aber natürlich auch Ökostrom aus Wasser-, Wind- und Sonnenkraft.
„Unter anderem stehen die steigenden Strom- und Erdgaspreise der Energiekonzerne in der Kritik“
Und da der Kunde wählen kann, kann er sich auch für den günstigsten Anbieter von Erdgas oder Strom entscheiden. Ob die Energienetze in privater oder öffentlicher Hand sind, ist dafür völlig gleichgültig. In Verbraucherportalen wie Verivox (www.verivox.de) lassen sich die Tarife sehr leicht vergleichen. Die Stromnetze tragen über die so genannten Netzentgelte zu einem Teil der Energiepreise bei (beim Strom rund 29 Prozent, beim Gas weit weniger als ein Viertel). Diese Netzentgelte sind von der Bundesnetzagentur reguliert. Die Aufsichtsbehörde legt dabei besonderen Wert auf die Wirtschaftlichkeit im Netzbetrieb, weil sie für niedrige Netzentgelte wichtig ist. Große Unternehmen sind dabei im Vorteil, weil sich Netze im großen Unternehmensverbund kostengünstiger betreiben lassen.
„Uneinsichtigkeit im Bezug auf erneuerbare Energien“
Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) ist hier das Maß der Dinge. Dieses Gesetz, das bereits seit 1991 gilt, verpflichtet Netzbetreiber, erneuerbare Energien bevorzugt anzuschließen. In Flächenländern wie Schleswig-Holstein boomen Windkraft-, Photovoltaik- und Biogasanlagen obwohl die Netzbetreiber keine einzige dieser Anlagen besitzen und mit den Anschlüssen vor allem Millioneninvestitionen zu tragen haben. In Schleswig-Holstein hat die SH-Netz AG, ein Tochterunternehmen von E.ON Hanse allein 2011 über 10.000 Anlagen ans Netz gebracht. Die Netzbetreiber müssen die Erneuerbaren anschließen und tun es auch.
„Initiative stößt auf große Zustimmung“
Im Januar hat Infratest-Dimap im Auftrag des NDR die Wähler in Hamburg befragt. Demnach unterstützen nicht einmal ein Drittel der Hamburger den vollständigen Rückkauf der Energienetze.